Liebe Leserinnen und Leser, Kunstfreundinnen und Freunde,
wenn ich ein
großes Projekt angehe - wie auch das aktuelle - kann es sein, dass die ersten Bilder nicht in das Projekt eingehen, weil sie nicht so geworden sind, dass ich sie in
Serie gehen lasse. Es sind sozusagen Prototypen, die für das Großprojekt wichtige Entscheidungen ermöglichen, aber nicht der
Tonart entsprechen, die ich für richtig halte. Was Ihr hier sehr sind die Prototypen für
„Das Dorf“. Nicht, dass ich sie als Bilder verwerfen würde, jedoch sind sie in ihrer Malerei zu dynamisch, um in einem großen
Bilderblock von 20 Portraits gut zu funktionieren. Falls Ihr Euch erinnert, sind die endgültigen Bilder fast monochrom, erdig sozusagen, was dem Titel
„Das Dorf“ optimal gerecht wird. Ähnlich wie in der Musik muss ich eine
Tonart wählen, die das
Gesamtwerk bestimmt und zur Aussage passt.
Der freundliche Herr auf dem linken Portrait ist der Kunstsammler
Ludwig Fotter, der 2004 leider im Alter von 65 Jahren verstarb. Was ihn und mich verband war einerseits eine sehr gute
Freundschaft und andererseits ein gemeinsames Anliegen:
Barrierefreiheit. Ludwig Fotter hatte in jungen Jahren einen tragischen
Unfall und war von da an schwer
querschnittsgelähmt. Ähnlich wie bei dem Maler
Chuck Close, war auch die Feinmotorik seiner Hände stark eingeschränkt. Doch er hat sich Zeit seines Lebens nicht daran hindern lassen, seiner
Leidenschaft nachzugehen: dem Sammeln
satirischer Zeichnungen. Die Sammlung des Ludwig Fotter ist eine der bedeutendsten, wenn nicht die
bedeutendste Sammlung für satirische Zeichnungen im deutschsprachigen Raum. Aus seinem
Lebenswerk ist eine
Stiftung hervorgegangen, die ihrerseits unter anderem für die hohe Qualität der
Caricatura in Kassel mitverantwortlich ist. Ludwig Fotter lebte und arbeitete im
Behindertendorf Altenhof im Hausruckwald in Österreich. Er leitete dort ein
Kulturzentrum mit angeschlossener Galerie und konnte unter anderem so bedeutende Größen wie
Gerhard Haderer und
Manfred Deix für sein
Galerieprojekt gewinnen, die alle ihre Werke dort ausstellten. Auf diese Art hat er die
Barriere zwischen drinnen und draußen zu überwinden gelernt und sehr viel
Publikum in das Dorf gelockt, um einen lebendigen
Austausch zu ermöglichen. Die meisten dieser Künstler waren sehr eng mit ihm befreundet.
Auch beim aktuellen Bild, dem Portrait 2.0.1, das immer noch unfertig auf meiner Staffelei steht, ist die Tonart zu klären. Auch hier stellt sich die Frage, ob ich im Stil des Bildes eine ganze Werkreihe anfertigen werde. Also habt bitte noch ein wenig Geduld mit mir, liebe Leser, bevor Ihr das Bild zu sehen bekommt.
Ludwig Fotter hat mir jedenfalls durch sein Lebensbeispiel gezeigt, dass man durch Kunst
Barrieren überwinden kann, die ohne die Kunst
unüberwindlich scheinen. Abschließend möchte ich den Erfinder der
Mail-Art,
Robert Rehfeld, zitieren:
„Kunst ist, wenn sie trotzdem entsteht.“
All photos in this post are taken by Lars Käker. © Lars Käker 2011