Retrospektiv

Retrospektiv I - Adam und Eva




Liebe, hochverehrte Leser,

es ist geradezu schwindelerregend, wie schnell die Zahl meiner Verfolger wächst. In Kürze überschreite ich die Zehner-Marke! Und da Adel verpflichtet, habe ich hier noch eine Kleinigkeit für Euch: Ein Diptychon mit dem Titel Adam & Eva aus dem Jahre 1999 aus meiner kleinen Manufaktur. Die wunderbare Minnja, die einen ausgezeichneten Geschmack hat und auch eine Kennerin meiner Werke ist, ermutigte mich zu diesem Post.

Gerhard Richter, einer meiner Lieblingsmaler, hat einmal zu einer Werkreihe gesagt, dass er den subversiven Wunsch verspürte, schöne Bilder zu malen. Ähnlich geht es mir jetzt mit diesem Projekt. Zwar ist es in der E-Kunst subversiv und verpönt, ein schönes Bild malen zu wollen, denn dann steht man automatisch unter Kitschverdacht, aber für das, was ich hier vorhabe, kann die etablierte Kunst mich gern exkommunizieren.

Ich möchte eben genau das: schöne Bilder malen!


Retrospektiv II - Müllwerk



Hallo Ihr Lieben,

da die unvergleichliche Kat von PencilFashion mich nach dem Erhalt ihres Awards direkt mit einem Link auf ihrer wunderbaren Seite gepostet hat, lege ich als Euer PJ (Paint Jockey) direkt noch zwei heiße Scheiben auf: Sie sind aus dem Jahr 2004 und stammen aus dem Projekt Müllwerk, in dem ich Kölner Müllmänner reihenweise in Öl für die Nachwelt unsterblich gemacht habe. Ich habe in meinen früheren Projekten immer Personengruppen im Auge gehabt, die nicht wahnsinnig hip, angesehen oder wohlhabend sind und die eigentlich viel zu leicht und zu gern übersehen werden. Ich hatte immer die Vision, durch meine Kunst soziale Schranken zu überwinden und eine barrierefreie Portraitkunst zu realisieren. Da mir das mit einigen meiner Arbeiten auch gelungen ist, hat mir das Museum am Dom in Würzburg auch ein sehr schönes Denkmal in seiner Kunstsammlung gesetzt.

Da die Vorbereitung meiner Bilder - also auch des Portraits 2.0.1 - sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, werde ich Euch das Warten verkürzen, indem ich noch ein paar mal in meine Oldie-Kiste greife.

Lasst Euch überraschen!


Retrospektiv III - draußen





Liebe Leserinnen, Liebe Leser,

wie ich sehe, habe ich auch ein paar wirklich gute Maler unter meinen Verfolgern. Speziell für Euch, liebe Kollegen, greife ich als PJ noch einmal in meine Oldie-Kiste: Ich präsentiere Euch das Werk "draußen", fertiggestellt im Jahr 1999. In dieser Arbeit habe ich Obdachlose aus dem Ruhrgebiet fotorealistisch in Öl verewigt und sie zum ersten mal komplett im Kunstschacht Zollverein in Essen ausgestellt.

Diese Arbeit stellt sozusagen das Pilotprojekt zu meiner seriellen Portraitkunst dar. Und obwohl es schon einige Jährchen her ist, dass ich diese Serie schuf, geht das Werk ganz aktuell dieses Jahr komplett in den Besitz des Museums am Dom in Würzburg über. Mögen sie dort ein Zuhause finden...


Retrospekt IV - Das Dorf



Liebe Leserinnen, liebe Leser und liebe Kollegen,

da meine aktuelle Arbeit immer wieder von wichtigen Verpflichtungen und Formalitäten blockiert wird, gibt es hier noch einmal eine Rückblende: Das Dorf.

Ich habe in den hier abgebildeten Portraits zwanzig Einwohner eines Behindertendorfes in Oberösterreich in Öl verewigt und aus ihrer Isolation befreit. Dieses besagte Dorf liegt mitten auf dem Land auf der grünen Wiese und die Außenwelt bekommt vom Leben der Insassen fast nichts mit. Innerhalb der Einrichtung wird immer wieder versucht, durch Kulturveranstaltungen die Barrieren zwischen drinnen und draußen zu überwinden und Berührungsängste zu überwinden. Jedoch allein durch die abgegrenzte räumliche Situation wird die Integration der dort lebenden Menschen nach außen hin erheblich erschwert. Analog zu meinem Werk „draußen“ hätte ich es auch „drinnen nennen können, doch der Titel „Das Dorf“ ist erheblich neutraler und stigmatisiert die Portraitierten nicht.

Als ich das Werk 2001 nach zweijähriger Arbeit fertig stellte, hatte ich an das Wort Barrierefreiheit noch nicht gedacht, denn erstens kannte ich es noch nicht und zweitens war es in der öffentlichen Diskussion noch nicht so stark präsent. Keine Ahnung, wann es überhaupt erfunden wurde, aber der Gedanke schien in der Luft zu liegen und führte zu den ersten Meilensteinen meiner barrierefreien Portraitkunst. Im Jahr 2007 wurde das Werk vollständig vom Museum am Dom in Würzburg aufgekauft durch die erfolgreiche Vermittlung des Galeristen Kurt Mühlfeld. Ihm sei an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich gedankt!

Mit meinem aktuellen Projekt versuche ich, räumliche und auch geografische Barrieren zu überwinden, was ja auch Sinn und Zweck des Web 2.0 ist. Gleichzeitig überwinde ich auch eine Barriere zwischen digitalen und analogen Portraits, denn meine fotorealistischen Ölgemälde sind absolut analog, jedoch werden sie erst durch die digitalen Kanäle des Internet und durch die Pixelbilder der Blogger ermöglicht.

Die Barriere zwischen digitalen und analogen Bildern erkläre ich hiermit für aufgehoben.


Retrospektiv V - Herr und Frau Löhnig




Liebe Leserinnen, liebe Leser und Kollegen,

zum Sonntag gibt´s noch einen kleinen Nachschlag: Herr und Frau Löhnig. Was Ihr hier seht, sind meine Nachbarn, ein Ehepaar, welches die Nachbarwohnung meines Privatdomizils in Köln bewohnt. Ihr schaut zwei Menschen ins Angesicht, die durch ein pragmatisches Leben geprägt wurden: Herr Löhnig war Gas- und Wasserinstallateur, Frau Löhnig eine Angestellte in der Buchhaltung. Beide sind in der letzten Lebensphase angelangt. Ihr schlichtes, von Pflichten bestimmtes Leben war sicherlich unspektakulär, dennoch strahlen ihre Gesichter Würde aus und die vielen Falten adeln ihre Gesichtszüge. Mein Anliegen, unprominente Personen durch meine barrierefreie Portraitkunst prominent zu machen, ist hier sicherlich verwirklicht. Beide Exponate befinden sich inzwischen in Privatbesitz.


Retrospektiv VI - Woher komme ich?





Liebe Leserinnen, liebe Leser und Künstlerkollegen,

als Maler lotet man häufig die Grenzen der menschlichen Existenz aus. Das ist nicht immer ungefährlich. Schließlich stößt man unweigerlich auf die Kernfragen der Philosophie: Wer bin ich? Woher komme ich? Was ist der Sinn meiner Existenz? Was soll ich tun? Als Künstler hat man ein Instrument, individuelle Antworten auf solche Fragen zu geben, die niemals endgültige Wahrheiten sind und dennoch sind es Antworten, die wiederum zu neuen Fragen auffordern.

Was Ihr hier seht, sind Portraits meiner Eltern aus dem Jahr 1998. Sie stellen die ersten zwei gelungenen farbigen Ölbilder meiner Künstlerlaufbahn dar. Entstanden sind sie in einer Zeit, als ich eine Reise nach innen antrat um meinen Standpunkt in der Welt neu zu klären. Zu dieser Klärung gehört auch die Rückschau durch die eigene Lebensgeschichte, sowie die Suche nach den Wurzeln. So beginnt man, sich nicht nur als losgelöstes Individuum zu begreifen, sondern als die Summe unterschiedlichster Erfahrungen und Einflüsse, sowie als genetisches Produkt zweier Menschen, die ihre Erbanlagen derart miteinander mischten, dass etwas erstaunliches dabei herauskam: Ich.

Ich bin ein Produkt, ich bin ein Prozess, ich bin ein Mitglied der Menschlichen Gemeinschaft, ich existiere in Beziehungen zu anderen Menschen und glücklicherweise bin ich niemals fertig.

Retrospektiv VII - Wer bin ich?




Liebe Leserinnen und Leser, geschätzte Kolleginnen und Kollegen,

als Portraitmaler erforscht man nicht nur unablässig sein Gegenüber, sondern immer wieder auch sich selbst. Das Selbstportrait, das Ihr hier seht, stammt aus dem Jahr 2000. Es ist aus einer Zeit, in der ich noch nicht wirklich ausgegoren war.

Ich habe es leider versäumt, einen Nachruf auf dem großen Lucian Freud zu posten, der am 20. Juli dieses Jahres verstarb. Mea culpa! Dennoch möchte ich es nicht versäumen, mich dem Trauerchor anzuschließen, denn für mein Empfinden war er einer der größten figurativen zeitgenössischen Maler überhaupt. Der Verlust, der durch seinen Tod in der Kunst entstanden ist, kann gar nicht überschätzt werden und die entstandene riesige Lücke ist auch nicht zu füllen.

Wo ist nun der Bezug? In der Entstehungszeit dieses Bildes habe ich mich intensiv mit Lucian Freuds Arbeiten beschäftigt. Die Fleischlichkeit seiner Portraits hat mich ungeheuer fasziniert. Und sicherlich wollte ich schlagartig die Grenzen meiner eigenen Malerei sprengen. Doch erstens gehört dazu Mut - vor allem reichlich Farbmasse auf die Leinwand zu modellieren - und zweitens muss der Zeitpunkt stimmen. Wenn ich also die Arbeiten aus der zweiten Lebenshälfte des Lucian Freud betrachte, dann war ein langer Weg dorthin erforderlich, auf dem man keine Etappe überspringen kann. Dass ich mit meinen damals 29 Jahren diesen Sprung dennoch wagen wollte, konnte selbstverständlich nicht klappen. Als künstlerische Momentaufnahme ist dieses Selbstportrait dennoch sehenswert.

Mit einem Maler ist es nicht viel anders, als mit einem Scotch Whisky: Er braucht viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, um zur vollen Reife und zu seiner unvergleichlichen Qualität zu gelangen. Dieser Prozess lässt sich um kein einziges Jahr verkürzen. Wenn man diese Tatsache akzeptiert, kann man die Dinge mit sehr viel Gelassenheit angehen. Die Digitalen Medien sind unglaublich schnell und die Beschleunigung nimmt exponentiell zu. Die klassische Ölmalerei ist sehr langsam. Und das bleibt so.

Freuen wir uns an der Entschleunigung der Kunst!

Retrospektiv VIII - Prototyping „Das Dorf“




Liebe Leserinnen und Leser, Kunstfreundinnen und Freunde,

wenn ich ein großes Projekt angehe - wie auch das aktuelle - kann es sein, dass die ersten Bilder nicht in das Projekt eingehen, weil sie nicht so geworden sind, dass ich sie in Serie gehen lasse. Es sind sozusagen Prototypen, die für das Großprojekt wichtige Entscheidungen ermöglichen, aber nicht der Tonart entsprechen, die ich für richtig halte. Was Ihr hier sehr sind die Prototypen für „Das Dorf“. Nicht, dass ich sie als Bilder verwerfen würde, jedoch sind sie in ihrer Malerei zu dynamisch, um in einem großen Bilderblock von 20 Portraits gut zu funktionieren. Falls Ihr Euch erinnert, sind die endgültigen Bilder fast monochrom, erdig sozusagen, was dem Titel „Das Dorf“ optimal gerecht wird. Ähnlich wie in der Musik muss ich eine Tonart wählen, die das Gesamtwerk bestimmt und zur Aussage passt.

Der freundliche Herr auf dem linken Portrait ist der Kunstsammler Ludwig Fotter, der 2004 leider im Alter von 65 Jahren verstarb. Was ihn und mich verband war einerseits eine sehr gute Freundschaft und andererseits ein gemeinsames Anliegen: Barrierefreiheit. Ludwig Fotter hatte in jungen Jahren einen tragischen Unfall und war von da an schwer querschnittsgelähmt. Ähnlich wie bei dem Maler Chuck Close, war auch die Feinmotorik seiner Hände stark eingeschränkt. Doch er hat sich Zeit seines Lebens nicht daran hindern lassen, seiner Leidenschaft nachzugehen: dem Sammeln satirischer Zeichnungen. Die Sammlung des Ludwig Fotter ist eine der bedeutendsten, wenn nicht die bedeutendste Sammlung für satirische Zeichnungen im deutschsprachigen Raum. Aus seinem Lebenswerk ist eine Stiftung hervorgegangen, die ihrerseits unter anderem für die hohe Qualität der Caricatura in Kassel mitverantwortlich ist. Ludwig Fotter lebte und arbeitete im Behindertendorf Altenhof im Hausruckwald in Österreich. Er leitete dort ein Kulturzentrum mit angeschlossener Galerie und konnte unter anderem so bedeutende Größen wie Gerhard Haderer und Manfred Deix für sein Galerieprojekt gewinnen, die alle ihre Werke dort ausstellten. Auf diese Art hat er die Barriere zwischen drinnen und draußen zu überwinden gelernt und sehr viel Publikum in das Dorf gelockt, um einen lebendigen Austausch zu ermöglichen. Die meisten dieser Künstler waren sehr eng mit ihm befreundet.

Auch beim aktuellen Bild, dem Portrait 2.0.1, das immer noch unfertig auf meiner Staffelei steht, ist die Tonart zu klären. Auch hier stellt sich die Frage, ob ich im Stil des Bildes eine ganze Werkreihe anfertigen werde. Also habt bitte noch ein wenig Geduld mit mir, liebe Leser, bevor Ihr das Bild zu sehen bekommt.

Ludwig Fotter hat mir jedenfalls durch sein Lebensbeispiel gezeigt, dass man durch Kunst Barrieren überwinden kann, die ohne die Kunst unüberwindlich scheinen. Abschließend möchte ich den Erfinder der Mail-Art, Robert Rehfeld, zitieren:

„Kunst ist, wenn sie trotzdem entsteht.“


Retrospektiv IX - Mündig



Liebe Leserinnen, liebe Leser,

da ich zunehmend internationales Publikum habe, werde ich von nun an versuchen, zweisprachig zu posten. Und einige hervorragende Maler, die sich unter meinem Publikum befinden, Gary L. Everest, Matthew Ivan Cherry oder David Lobenberg z.B., leben in den USA.

Was Ihr hier seht, ist eine Steinlithografie aus dem Jahre 1996, die ich in der Druckwerkstatt des Christian Müller in Großpösna bei Leipzig anfertigte. Christian Müller, der bereits für so großartige Künstler wie Bernhard Heisig oder Werner Tübke gedruckt hat,  ist einer der letzten aktiven Steindrucker, die dieses Handwerk meisterhaft beherrschen. Und um diesen Mangel zu beseitigen, hat Christian Müller Lehrlinge in seine Druckwerkstatt aufgenommen, um diese Druck-Tradition, aus der der moderne Offset-Druck entwickelt wurde, an die nächste Generation weiterzugeben. Die Druckwerkstatt in Großpösna zog 2005 um nach Wurzbach in Thüringen in ein eigenes Kunsthaus, das sich zu einem wichtigen Kulturzentrum der Region entwickelte.

Was mich zu dieser Lithographie inspirierte, waren die Charakterköpfe des Franz Xaver Messerschmidt, die bereits mein damaliges Idol, Gottfried Helnwein, inspirierten. Sie bieten ein hervorragendes Studienobjekt, um das menschliche Gesicht in all seiner Ausdrucksfähigkeit zu ergründen.


Dear followers,

My audience is becoming more and more international, so I try to post in two languages. Some of my followers, Gary L. Everest, Matthew Ivan Cherry or David Lobenberg e.g. are excellent painters and live in the USA.

What you see here is a stone lithograph from 1996 done in the workshop of ChristianMüller in Großpösna near Leipzig. Christian Müller, who already worked with artists like Bernhard Heisig or Werner Tübke, is one of the last living printers who are masters in doing stone lithographs. But he is teaching young printers in this tradition that resultet in the modern offset print. So he keeps the stone lithograph technique alive. In the year 2005 he moved to Wurzbach in Thüringen and founded the Kunsthaus Müller with his wive. The Kunsthaus Müller is becoming a very important cultural centre in the area.

The idea for this lihograph came from the striking heads of Franz Xaver Messerschmidt who also inspired my role model Gottfried Helnwein. His sculptures are wonderful objects for studying the human mimics. 

Retrospektiv X - David und Goliath




Liebe Leserinnen, Liebe Leser,

dies ist das letzte Posting vor der Veröffentlichung des Portraits 2.0.1. Es zeigt den schmächtigen David, der dem übermächtigen Krieger Goliath mit dessen eigenen Schwert den Kopf  abgeschlagen hat, nachdem er ihn mit einer Steinschleuder besiegte. Es ist eine Hommage an den Maler Johannes Grützke, der mit seiner grotesken, gestischen Malerei gern auch die Historienmalerei aufs Korn nimmt. Das Bild stammt aus dem Jahr 1997, als ich gerade frisch mit der Ölmalerei begann.

Dear followers,

This is the last posting before publishing the portrait 2.0.1. It shows the lanky David who beheaded the superior warrior Goliath with his own sword after overwhelming him with a slingshot. This is a homage to the painter Johannes Grützke who likes to satirize historical paintings with his artworks. The picture that you see here is from 1997 when I started painting in oil.